Fotos an Familie
Oft schickten „Gastarbeiter*innen“ rückseitig beschriftete Fotos nach Hause. Obwohl sie nur wenig Geld verdienten und sehr einfach wohnten, präsentierten sie sich den Daheimgebliebenen in guter Kleidung und an schönen Orten. Das Bild eines gelungenen Lebens in der Fremde sollte vermittelt werden.
Hikmet Çam, der in der St. Pöltner Glanzstofffabrik arbeitete, schickte beschriftete Fotos an seine Familie in der Türkei:
Diese Welt ist eine Mühle, die sich dreht und der Mensch eine Laterne. Der Tag wird kommen, an dem er ausgehen wird. Ich, Çam Hikmet, werde auch eines Tages sterben, aber dieser leblose Traum bleibt ewig. Im Anblick meines leblosen Traumes weint um mich, zerreißt es aber nicht. Trauert nicht! Vergesst nicht, ich ertrage die Ferne der besseren Tage willen. Mit meinen besten Wünschen soll diese leblose Erinnerung eine Erinnerung für euch sein und immer in eurem Herzen sein.
Meine Hoffnung war sehr groß, um die Berge zu überqueren.
In Österreich bin ich kein Herr, sondern ein „König“.
Mein Herz sehnt sich nach den Bekannten.
Ich bin aber nicht jung, um zu rennen.
Liebe Grüße aus Österreich meinem seltsamen Daheim.
Hikmet Çam
Auch Hasan Arslan schickt in den 1960er Jahren Fotos und Briefe in die türkische Heimat. Da Hasan Analphabet war, bat er seinen Cousin Ismail, seinem Vater zu schreiben.
Kostbarer Vater, ich schicke meine Grüße und küsse deine Hände. Der leblose Traum von mir soll für dich ein Erbstück bleiben. Im Bild bei mir ist mein Cousin Ismail.
Dieses Schreiben ist von Ismail Karakas.