Koschere Kost im Ersten Weltkrieg
Schon bald nach Beginn des Ersten Weltkrieges verschlechterte sich im Herbst 1914 die Nahrungsmittelversorgung der österreichischen Bevölkerung. Grund dafür waren ungarische Exportrestriktionen und Seeblockaden der gegnerischen Kriegsnationen. Der Staat musste mit der Rationierung von Lebensmitteln beginnen.
Diese Beschränkungen betrafen auch die Versorgung der jüdischen Bevölkerung mit koscheren, also erlaubten, Lebensmitteln. Gläubige Jüd*innen halten sich an die jüdischen Speisegesetze, die „Kaschrut“. So ist beispielsweise der Verzehr von Schweinefleisch verboten, Schlachttiere müssen möglichst vollständig ausbluten und Fleisch- und Milchprodukte getrennt werden. War vor dem Krieg die Versorgung mit koscherer Kost in Wien, aber auch niederösterreichischen Städten wie St. Pölten oder Baden kein Problem, wurde im Laufe der Kriegsjahre die Versorgung immer schwieriger. Hinzu kam, dass sich zehntausende jüdische Flüchtlinge aus Galizien und der Bukowina im Land befanden, die ebenfalls versorgt werden mussten.
Angesichts der im Laufe der Kriegsjahre immer größer werdenden Lebensmittelknappheit erlaubten die Rabbiner (zumindest zeitweise) den Verzehr nichtkoscherer Speisen. Jüdische Speisegesetze müssen nicht eingehalten werden müssen, wenn Leben und Gesundheit gefährdet sind.
Dies galt auch für die jüdischen Soldaten in der Österreich-Ungarischen Armee, die an den Fronten des Ersten Weltkrieges kämpften. Sie hatten zwar in Friedenszeiten einen Anspruch auf koschere Verpflegung, im Krieg konnte die Versorgung nicht immer gewährleistet werden. Die jüdischen Soldaten versuchten zunächst, die Speisegesetze einzuhalten, bis „sie ganz entkräftet die Menagedie übliche Militärverpflegung essen mussten“, wie der Feldrabbiner Meier Tauber berichtet. Auch der Unteroffizier David Neumann lebte ein ganzes Jahr lang von Marmelade und Käse aus Militärbeständen, ehe er Fleisch aß, das nicht koscher war.