Mittelalterliche und frühneuzeitliche Spitäler

Mittelalterliche und frühneuzeitliche Spitäler

Mittelalterliche und frühneuzeitliche Spitäler wurden in der Regel von einem Spitalmeister geleitet. Gemeinsam mit seiner Frau, der Spitalmeisterin, war er für sämtliche Bereiche des Spitalbetriebs zuständig.

Bei Amtsantritt erhielt der Spitalmeister normalerweise eine sogenannte Instruktion, in der seine Aufgaben geregelt waren. Diese Quellen bieten Einblicke in das Funktionieren der Spitäler. Ein Beispiel dafür stellt die Instruktion für den Spitalmeister des Wiener Neustädter Bürgerspitals aus dem Jahr 1578 dar. Auch zur Verpflegung der Spitalinsassinnen und -insassen finden sich dort ausführliche Bestimmungen.

Der Spitalmeister musste beim Anrichten des Essens anwesend sein, um sich zu vergewissern, dass dieses „sauber“ und „fleißig“ gekocht und zur rechten Zeit serviert wurde (§ 4). Damals gab es, wie allgemein noch üblich, nur zwei Mal täglich, nämlich morgens und abends, etwas zu essen. Besondere Mahlzeiten aufgrund von Stiftungen waren den Bestimmungen gemäß durchzuführen (§ 4). Personen mit innerlichen oder äußerlichen Krankheiten sollte der Spitalmeister auf Anordnung des (akademisch ausgebildeten) Doktors oder des (handwerklich ausgebildeten) Wundarztes eine spezielle Schonkost zukommen lassen (§ 6). Zudem konnte er nach Möglichkeit für die Kranken, aber auch die übrigen Insassinnen und Insassen ein Kalb bzw. „junges Vieh“ schlachten lassen (§ 7, 15). Das Brot sollte im Allgemeinen „gut“ und „schön“ sein sowie – aus Gründen der Bekömmlichkeit – nicht zu ofenfrisch oder zu alt vorgesetzt werden (§ 8).

Über das wahrscheinlich als Almosen gesammelte Schmalz, die Schlachtungen von spitaleigenem Vieh (Kühe, Ochsen, „junges Vieh“) und den Weinverbrauch hatte der Spitalmeister Aufzeichnungen zu führen (§ 13, 17, 18). Ohne Erlaubnis des Bürgermeisters durfte er nicht schlachten lassen (§ 15, 17). Geschlachtet werden sollte vor allem dann, wenn viel Fleisch benötigt wurde (etwa zur Erntezeit), sowie im Winter, wenn es aufgrund der niedrigen Temperaturen länger haltbar war. Ansonsten gab es vor allem durch Trocknung und Einsalzen haltbar gemachtes Rindfleisch, das wahrscheinlich zugekauft wurde – zu dessen Verzehr sollte aber bezeichnenderweise niemand gezwungen werden (§ 16). In der Zeit vor der Erfindung von Kühl- und Gefrierschrank war die Lagerung von Lebensmitteln nicht so einfach wie heute.  Die Instruktion zeigt zudem, dass – wie damals üblich – auch das Spitalpersonal („Meier- und Dienstgesinde“) Verpflegung erhielt.

 

Transkribierte Auszüge aus der Spitalmeisterinstruktion, die die Verpflegung betreffen:

[4.] Fürnemblich aber soll es auch bei seiner hausf(rau) unnd der khöchin verfüegen, zuestehen, mit unnd bei sein, wan den armen leuthen ir essen angericht, daß die speis nach des armen spitals vermügen sauber unnd vleissig khocht, auch zu morgens und zu abents zu rechter zeit sauber geraicht unnd was Gabriel Khreuzer unnd andere guede, erliche, weisliche leut verorndt, dasselb auch zu den bestimt tagen vermüg der stifftung ordenlichen one abgang treulich volzogen werden.

[6.] Wan der tocter oder wundarzt dergleichen schathhafften khrankhen personen oder anndern, welche nit offne schäden haben, sonder [von] füebern unnd anndern inerlichen khranckhait[en] haimbgesucht werden, gmaine speiß verbieten unnd anndre dägliche essen verordnen werden, soll der herr spitlmaister derselben verordnens, alls vil in des armen spitals vermügen, auch treulich nachgehen.

[7.] Es mag auch der spitlmaister nach gelegenhait der zeit unnd nachdem jungs vieh verhannden sein wierd, solchen khrannckhen, auch anndern spitlsleuthen zu guetem, etwho ain khalb abtuhenschlachten lassen.

[8.] Innsonderhait well er, spitlmaister, dahin gedacht sein, das die armen spitlsleut guets unnd schöns prot haben unnd in dasselb nit zu alt- oder neupachen zu geniessen fürgetragen werde.

[13.] Es soll auch alle wochen beschriben werden, waß sy für schmalz sambln unnd wie dasselb widerumben den armen leuthen zu guetem unnd auf das mairgesündt verzert werde.

[15.] Dann der spitlmaister wierd den armen leuthen zu guetem im jar öfftermallen, auch zu den heilligen zeitendie wichtigsten religiösen Feiertage, vor allem Weihnachten und Ostern wegen des mair- unnd diennstgesündt, doch wie verstannden nach des viech verhanden sein wüerd, jungs viech abthunschlachten unnd speisen mügen, solchs aber dem herrn burgermaister anzaigen sollen.

[16.] Unnd nachdem vil fleisch durchs jar im spital aufgeth, damit ain uncossten erspart werd, mag der spitlmaister gegen dem ärnnt, zur weinfexungWeinernte , sonnderlich wintterzeiten, gegen weinnachten unnd dem faschung, dan sich das fleisch lennger aufhalten lassen thuet, etwo ain alte khue, ain abgefüerten ochsen oder ein jungs viech, so zum ziehen undeuglich, den armen leuthen unnd dem mairgesündt speisen. Doch well er mit denen armen leuthen die unnderschaidUnterschied halten wann etliche auß inen, das alt rindtfleisch, sonnderlich wanns gesalzen ist, nit genüessen möchten, das ers darmit nit beschwären wollt.

[17.] Alls offt er ain viech abthunschlachten lässt, soll es mit deß herrn burgermaister vorwissen unnd bewiligung beschehen, unnd der tag, wie lanng man auch davon khocht hat, aufgeschriben werden.

[18.] Also soll der spitlmaister auch, wann er ain vässl wein zur speiß anzäpfft, den tag aufschreiben unnd alle tag, alß lanng er daran speist, aufzaichnen lassen, waß er den armen leuthen unnd dem mairgesündt oder zur anndern notdurffft jedem insonderhait davon geben hab.

Quelle: Stadtarchiv Wiener Neustadt, Ratsprotokoll 1578, fol. 231r–233r